Sponsheim - Geschichte eines Dorfes

Von Reinhart Auener (aus Binger Geschichtsblätter Band Sponsheim)

Einleitung

Am 25. April 1972 wurde die Gemeinde Sponsheirn nach dem eindeutig bekundeten Willen ihrer Bürger Stadtteil von Bingen. Datiert nach der ersten urkundlichen Erwähnung, hat die Gemeinde genau 1230 Jahre bestanden. Durch Gräberfunde aus der Zeit der Wangionen, zwei Jahrhunderte vor Christus, steht fest, daß der Ort insgesamt weit länger als zweitausend Jahre besiedelt ist. Sponsheirn war ein Dorf unter vielen. Erst die letzten Jahrzehnte brachten mit der Ansiedlung von Gewerbebetrieben einen Anstieg der Einwohnerzahl, der sich nach der Eingliederung in die Stadt Bingen zunächst weiter beschleunigte, dann für einige Jahre zum Stillstand kam und nun durch die Planung neuer Baugebiete Östlich vom alten Ortskern, wieder in Gang kommt und noch keineswegs am Ende ist.

Den alteingesessenen Sponsheimer Familien ist die irn Jahre 1939 gedruckte Schrift "Sponsheirn irn Wandel der Zeiten" des damaligen Ortspfarrers Franz Alois Corno in Erinnerung, und einige sind sogar noch irn Besitz dieser Schrift, in der die Geschichte des Dorfes eingehend und anschaulich beschrieben ist. Sie ist auch heute die wichtigste Quelle für jedes Wissen über Sponsheims Vergangenheit. Leider gibt es davon nur noch wenige Exemplare, und der vom letzten Sponsheimer Gemeinderat beschlossene unveränderte Neudruck stößt auf zeitbedingte Hindernisse. So hat das Kultusministerium des Landes Rheinland-Pfalz angeregt, die Geschichte von Sponsheirn ganz neu zu beschreiben. Dabei kann berücksichtigt werden, daß die Geschichte Sponsheims zugleich ein Kapitel Binger Stadtgeschichte ist, und zwar nicht nur wegen der Umwandlung der Gemeinde zu einem Stadtteil, sondern auch durch eine lange Zeit bestehende mittelalterliche "Verteidigungsgemeinschaft" zwischen Bingen und Sponsheirn .

Anders als von Pfarrer Corno, der seine Schrift in Dorfgeschichte und Pfarreigeschichte unterteilt hat, wird hier die Geschichte des Dorfes Sponsheirn irn Zusammenhand dargestellt, wie sie sich in der Folge der Epochen durch die Jahrhunderte abgespielt hat. Dennoch sind wir gern der Schilderung Comos gefolgt, wo ihm eine besonders spannende und lebendige Darstellung des Geschehens gelungen ist. Manche Kenntnisse der Vergangenheit sind erst nach dem Druck der Como - Schrift zutage gekommen, und anderes bedarf neuer Wertung. Nachdem der Verfasser dieser neuen Darstellung der Geschichte Sponsheims Pfarrer Corno in seinem Alterssitz in Königstein irn Taunus noch kennenlernen durfte, war es ihm eine verpflichtende Aufgabe, Comos Schrift in möglichst entsprechender Weise fortzuführen und sich auch bei der grundlegenden Neufassung, soweit möglich, an das Werk des mit Sponsheirn besonders verbundenen Pfarrers anzuknüpfen.

Wie schon Pfarrer Corno, so finden auch wir in der Geschichte von Sponsheim so viele wahrhaft lesenswerte Geschichten, daß nicht nur die Sponsheimer, sondern auch alle, die einmal hier seßhaft werden, aber auch diejenigen, die im Raum Bingen ihre heutige Umwelt im Zusammenhang mit der Geschichte sehen wollen, ihre Freude daran haben werden.

Die Geschichte von Sponsheim ist zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Stadt Bingen, deren Gesamtdarstellung noch auf ihren Autor wartet.

Vor- und Frühgeschichte

Es ist durch zahlreiche Funde gesichert, daB das Gebiet um die Stadt Bingen schon in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt war. So sind bei den Bauarbeiten an der Bundesautobahn A 61 in der Gemarkung Dromersheim aus hartem Quarzit geschlagene Grobgeräte zutage gekommen, die

1 den kulturellen NachlaB des Neandertalers darstellen. ) Feuersteinwerkzeuge aus der jüngeren Steinzeit sind Nachweise früher Bauernkulturen aus der Zeit vor etwa fünftausend Jahren im Raum Bingen. In Bingen-Dietersheim wurden Funde aus der Hallstatt- Zeit, zwischen 600 und 400 vor Christus, als Grabbeigaben auf einem Friedhof der damal:igen Bevölkerung gleichfalls beim Bau der Autobahn freigelegt. Als die Wangionen im zweiten vorchristlichen Jahrhunde rt auf das linke Rhein- ~ ufer übersetzten, fanden sie eine keltische Bevölkerung vor, die sie teils verjagten, teils als Knechte in ihrem eigenen Staat behielten. Die Wangionen ließen sich auch in der heutigen Gemarkung Bingen-Sponsheim nieder. Umfangreiche Spuren ihrer Siedlung wurden beim Bau eines Hochwasserschutzdammes der Nahe durch den Reichsarbeitsdienst im Jahre 1939 gefunden, nachdem ein Jahr zuvor beim Ausheben eines Entwässerungsgrabens etwa 600 bis 800 Meter nördl ich davon ein größeres Gräberfeld aus der gleichen Zeit entdeckt worden war . 2)I

Die Wangionen haben in Sponsheim Landwirtschaft betrieben und, wie durch Knochenreste belegt ist, Schweine und Rinder gehalten. Sie benutzten größere Tongefäße, um Wasser und Getreide aufzubewahren. In dem erwähnten Gräberfeld wurden Brandgräber gefunden, bei denen Urnen in verschiedenen Formen und Größen lagen. Im Leichenbrand lagen gut erhaltene Schmuckstücke aus Bronze, wie Spangen, Armreife, Ringe und Kettchen. Ein besonders schönes Stück war ein etwa sechs Zentimeter grosses Pferdchen aus Bronze, das wahrscheinlich als Schmuck getragen wurde. In einem Grab fand man neben mehreren Urnen drei kleine Enten aus Ton, deren Beigabe wohl eine kultische Bedeutung hatte, denn Vögel und Pferde waren den Germanen heilig. Der Leichenbrand fand sich fast immer neben der Urne. Dies deutet darauf, daß die Toten in voller Kleidung mit ihrem Schmuck brannt wurden und die Asche erst danach in die Urnen gefüllt wurde .

Als die Römer um das Jahr 50 vor Christus an den Rhein kamen, gründeten sie ihre eigenen Siedlungen, ließen aber die Wangionen in ihren Dörfern wohnen und das Land bebauen. Während diese an der Nahe ihr Dorf hatten, legten die Römer einen befestigten Gutshof, eine "Villa rustica" , oberhalb an einer Straße an, die sie von Worms über Alzey und Gensingen nach Bingen bauten. Spuren dieser Römerstraße sind vielfach noch vorhanden, und in Sponsheim wird die Strassenkreuzung

{' zwischen Hauptstraße und "Graben" seit eh und je "Römer" genannt, weswegen die frühere Grabenstraße in jüngster Zeit den Namen Römerstraße erhalten hat. Freilich verlief die von den Römern angelegte Straße nicht im Bogen abwärts, sondern etwa in gerader Verlängerung der heutigen Friedhofstraße. Mauerreste lassen darauf schließen, daß sich die römische "Villa" oberhalb der Kirche befand und eine grössere Anlage mit mehreren Gebäuden darstellte. Derartige Anlagen errichteten die Römer in bestimmten Abständen an ihren Straßen, um diese kontrollieren und militärisch sichern zu können. 4) Wir können davon ausgehen, dass die "Villa" in Sponsheim in Anlage und Bedeutung derjenigen entsprochen hat, die in Bingen-Kempten von Karl Regner unter seinem Obstfeld entdeckt und abschnittweise freigelegt wurde. Aus römischer Zeit stammte auch ein Gral fund in Sponsheim, der im Jahre 1918 beim Roden in den Steinäckern zu tage kam und die typischen handgemachten Gefässe enthielt.

Als nach fast fünfhundert Jahren die Herrschaft der Römer unter dem Drul der Vöimr"iJanderung ihrem Ende entgegenging, zogen zuerst die Goten in Rheinhessen durch. Dmen folgten die Alemannen und legten Dörfer an, de ren Namen auf "ingen" enden, zum Beispiel Gensingen und Sprendlingen. Sie sahen sich dann aber den Franken gegenüber, die sich endgültig in diesem Gebiet sesshaft machten. Die Franken verteilten das Land unter sich. Jede Sippe bekam ihre Gemarkung und fand ihr Heim, wobei vielfach die von den Römern verlassenen Wohnplätze zum Kern der fränkisch, Siedlung wurden. So hielt es auch ein Frankenführer mit dem Namen SpaIl der sich mit seiner Sippe in der römischen Siedlung südlich von Bingen niederliess und nach dem das neue Dorf den Namen "Spans Heim" erhielt, de! sen Schreibweise später in "Sponsheim" geändert wurde. 5)

Die Franken haben nicht nur Fundstücke hinterlassen, von denen viele in Museen gekommen sind, sondern ihre Hofanlage, die den Kern des damaligen Dorfes bildete, lässt sich heute noch an alten Mauern erkennen, die alle Wechselfälle der Dorfgeschichte überstanden haben. Das Anwesen am Abhang der Naheterrasse umfasste die Kirche und die benachbarten Höfe bis zur Brunnengasse und scheint Teile der römischen "villa" einbezogen zu haben. Darüber hinaus haben die Franken für viele Jahrhunderte die Form der Hofanlage bestimmt, mit einem grossen Tor als Eingang und einer geschlossenen Anordnung der Wohn- und Wirtschaftsgebäude um einen grossen Hofplatz herum, wie sie bei älteren Bauernhöfen nicht nur in Rheinhessen anzutreffen ist.

Die erste Urkunde über Sponsheim bezieht sich auf das Jahr 742.

mals war ein gewisser Gewilieb, lateinisch Gervilius genannt, Bischof von Mainz, ein hitziger Mann, der lieber das Schwert führte als den Hirtenstab. Er bekam Streit, ging auf seinen Gegner los und übte blutige Rache für die ihm zuteil gewordene Kränkung. Danach erschien er für das Amt des Bischofs nicht mehr geeignet und wurde als Mainzer Erzbischof durch Bonifatius ersetzt, den "Apostel der Deutschen", der die Franken beiderseits des Rheins bis we it nach Osten zum christlichen Glauben bekehren sollte. Gewilieb musste die Bischofsstadt Mainz verlassen wurde aufs Land verbannt. Zum lebenslänglichen Unterhalt wurde das Hofgut "Spanesheum" zugewiesen. Hier, auf dem alten fränkischen Hof, lebte er noch vierzehn Jahre, war von allen geistlichen Funktionen ausgeschlossen, durfte aber jedes Jahr am Gründonnerstag in einer Kirche der Umgebung die Zeremonie der Fußwaschung vollziehen, zum Zeichen der Busse für seine Schuld. 6)

Danach entwickelte sich Sponsheim, wie alle Dörfer der Umgebung, indem weitere Hofanlagen zu der ersten hinzukamen und kleinere Häuser für das Hofgesinde gebaut wurden. Für die nächsten sechs Jahrhunderte nach jener ersten Urkunde ist über Sponsheim, soweit wir wissen, kein Vorgang niedergeschrieben worden; jedenfalls ist keine Urkunde erhalten geblieben. Es spricht vieles dafür, daß sich schon in dieser Zeit, jedenfalls aber im frühen Mittelalter, eine feste Beziehung zur Stadt Bingen entwickelt hat, wie sich überall die Dörfer dem Schutz nahe gelegener Städte anvertrauten und für ihre Einwohner das Recht erwarben, sich in unsicheren Zeiten in den Schutz der Stadtmauern zu begeben. Dafür hatten sich die Dorfbewohner an der Verteidigung der Stadt und an der Unterhaltung der Befestigungsanlagen zu beteiligen. Nach einer Urkunde aus dem Jahre 1552 hatten Sponsheim und Dietersheim in der Stadt Bingen die achte Wache zu übernehmen und mit vier Mann zu besetzen sowie bestimmte Teile der Binger Wehranlagen instand zu halten. 7) Diese Beteiligung der umliegenden Dörfer an der Stadtverteidigung lag aber auch im Interesse der Stadt, weil diese mehrmals hatte erfahren müssen, daß sie einem Angriff von außen allein nicht gewachsen war, und weil nach Eroberung der Stadt die Stadtmauern zerstört worden waren. Daß die Stadt Bingen dem ~inzer Domkapitel unterstand, die Umgebung dagegen pfälzisch war, stellte kein Hindernis für ein derartiges Verteidigungsabkommen dar .

Sponsheim im Mittelalter

Gebietsherren waren in Sponsheim im Mittelalter die Pfalzgrafen bei Rhein. Allerdings gaben sie dieses Dorf, wie auch andere, häufig als Lehen weiter, sei es, daß sie verdienstvolle Ritter für treue Dienste zu belohnen hatten, sei es, daß sie Geld für ihre Hofhaltung oder zur Finanzierung von Kriegen brauchten. Nach einer Urkunde vom 14.August 1369 gab Pfalzgraf Ruprecht I. dem Ritter Friedrich von schonenberg das Dorf Sponsheim zu Lehen, damit seine Frau ein Gut habe, von dem sie nach seinem Tode leben könne. Um das Jahr 1400 wurde dann Sponsheim von Kurfürst Ruprecht rn. an Emich Wolf von Sponheim in Gemeinschaft mit Friedrich von Schonenberg zu Lehen gegeben. Nach einer Urkunde von 1431 verpfändete Kurfürst Ludwig rn. vonderPfalz das Dorf an Heinrich Wolf von Sponheim. Anscheinend blieb Sponsheim ständig verpfändet; noch im Jahre 1577 wurde es unter die pfälzischenII Ausdörfer" geredmet, die nur indirekt dem Kurfürsten unterstanden. 8)

Grundbesitz hatten -in Sponsheim aber auch die Grafen von Veldenz in Meisenheim am Glan. Um 1298 hatte der Ritter Jo hann von Ortenberg Güter in Sponsheim vom Grafen Georg von Veldenz zu Lehen, und dabei handelte es sich um 64 Morgen Land. In derselben Urkunde werden auch die Klosterfrauen von St. Catharinen bei Kreuznach, von Aulhausen und von St. Ruprechtsberg sowie Nikolaus von Diepach als Sponsheimer Grundbesitzer genannt. Das Schrütstück enthält ferner Namen von Sponsheimer Bürgern, so Friedrich der Alte, Hein rl ch Fust, Hannemann, Irmelin und Drudelin sowie Baldemar von Dromersheim. Wir sehen in dieser Urkunde auch einige Flurnamen, die sich bis heute erhalten haben: Am Dromersheimer Weg, Am Graben, Bei der Kirche, An dem Deich, An der Binger Straße, Auf den Rodern, Am Brechten und Am Laubenheimer Weg. 9)

Aus einer Urkunde vom 30. März 1317 erfahren wir: Die Eheleute Thylo genannt Emmelrich von Bingen und seine Frau Agnes sowie deren Bruder, der Priester Konrad, besaßen in den Gemarkungen Sponsheim und Laubenheim gemeinschaftlich Weinberge. Die Eheleute verzichteten zugunsten Konrads ~arauf, jedoch.mit der Auflage, daß die Weinberge nach Konrads Tod an sie zurückfallen oder, bei ihrem vorzeitigen Tod, von Konrad ihrem Sohn Peter vermacht werdensollten. Wo dieser Konrad als Priester gewirkt und welche Funktion er gehabt hat, wissen wir nicht. Über die Pfarrgemeinde Sponsheim gibt es erst für das Jahr 1499 den ersten urkundlichen Nachweis. 10)

Am 17. Mai 1357 erhielt Johann Ortenberg, ein Edelknecht von schöneberg, von seinem Lehnsherren, dem Grafen Heinrich von Veldenz, die Erlaubnis, sein in der Pacht von zehn Pfund Heller bestehendes Lehen in Sponsheim um hundert Pfund Heller an seinen Onkel, Herrn Gebhard vom Steine, zu verpfänden. Löste er es innerhalb von zwei Jahrennicht wieder aus, so sollte er persönlich nach Meisenheim in die Residenz der Grafen von Veldenz reiten und dort bis zur Auslösung des Pfandes bleiben. 11) Wie die Sache ausgegangen ist und ob das Pfand ausgelöst wurde, ist den Urkunden des gräflich Veldenzschen Hofes leider nicht zu entnehmen.

Wann Sponsheim Pfarrei geworden ist und wann hier die erste Kirche gebaut wurde, wissen wir nicht genau. Daß der erwähnte Priester Konrad um 1317 Pfarrer von Sponsheim war, ist wenig wahrscheinlich; er hätte dann über eigene Einkünfte aus der Pfarrei verfügt und wäre wohl nicht darauf angewiesen gewesen, von seinem Schwager Weinberge zu erhalten. Erst für die Zeit von 1459 bis 1499 kennen wir den Namen des in Sponsheim wirkenden Pfarrers. Es war Johann Kirchheym aus Kreuznach. Er hatte als Einkünfte den Zehnten, 50 Malter Korn und 19 Silberheller im Jahr. Davon hatte er jede Woche vier Messen zu lesen. Das Patronatsrecht über die Pfarrei Sponsheim hatte als Landesherr der Kurfiir8t von der Pfalz. Nachfolger in der zum Dekanat Partenheim gehörenden Pfarrei wurde nach einer Urkunde vom 12. September 1499 Sebastian Hennis aus Gensingen. Die Pfarrei Sponsheim unterstand dem Archidiakonat des Propstes zu St. Maria im Felde, außerhalb der Mauern der Stadt Mainz, dem späteren HeiligkreuzstUt. 12)

Offenbar gehörte Sponsheim damals nicht zu den ärmsten Dörfern. Zum mindesten gab es Sponsheimer Bürger, die wohlhabend waren und sogar Hausbesitz in Mainz hatten. Vor dem weltlichen Richter zu Mainz Johann Diterich, dessen Funktion derjenigen eines heutigen Notars entspricht, verkaufte am 4. März 1535 Ulrich von Werstat, wohnhaft zu Sponsheim, an Walter Geminder urrl dessen Ehefrau Salome zu freiem Eigen Hof und Haus und Erbe zum alten Gedank, gelegen an dem kleinen Gedank am Mompelsier - Betzelsgasse - für 112 Gulden. Davon waren 62 Gulden bezahlt und die restlichen 50 bis zur nächsten Frankfurter Herbstmesse fällig .13)

Während arm und reich in Sponsheim nebeneinander lebten, befand sich der Pfarrer in einer angespannten finanziellen Lage. Zwar hatte der Kurfürst, dem der "große Zehnte" in Sponsheim an Früchten und Wein und der "kleine Zehnte" im Dorf und in der Gemarkung zustanden, dem Pfarrer die Hälfte dieser Einkünfte überlassen, aber nach einer Urkunde von 1556 wurde dem Pfarrer neben seinen geistlichen Pflichten auferlegt, das Pfarrhaus "im Bau zu halten" . "Ist der Pfarrhof" , so heisst es da, "etwa baufällig, den soll der Pfarrherr von wegen des halben Theil Zehendens in Bau und Besorgung halten." Auch die Erhaltung der Kirche hatte der Pfarrer zu finanzieren und bekam dafür nur einen Betrag von 10 Gulden zusätzlich zu seinen Einkünften. Diese Summe reichte bei weitem nicht aus, so daß Kirche und Pfarrhaus in Sponsheim mehr und mehr zu verfallen begannen. )

Reformation und Gegenreformation

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, dessen Hoheit in geistlichen Angelegenheiten von den Bischöfen und in weltlichen Fragen von den Fürsten ausgeübt wurde, war durch die Goldene Bulle Kaiser Karls IV.

in der Weise reformiert worden, daB die geistlichen und weltlichen Fürsten für ihre Gebiete gleichermaßen Territorialherren und kirchliches Oberhaupt wurden. Als das Auftreten Martin Luthers zu einer Kirchenspaltung führte, stellte sich heraus, daB das Landeskirchentum der Fürsten, wie es durch die Goldene Bulle eingeführt worden war, die Ausbreitung der Reformation begünstigte. Wo der Fürst der neuen Lehre anhing, wurden die vorhandenen Pfarreien alsbald mit evangelischen Pfarrern besetzt. Die Pfalz und damit auch Sponsheim blieb unter dem Kurfürsten Ludwig V. katholisch. Dessen Nachfolger Friedrich n. (1544 - 1556) trat zwar zum neuen Glauben über, hielt jedoch zu Kaiser und Reich. Damit stand er im Schmalkaldischen Krieg auf der Seite des Kaisers gegen seine evangelischen Glaubensbrüder. Erst sein Nachfolger Otto Heinrich bekannte sich offen zur Reformation und erließ bei seinem Regierungsantritt im Jahre 1556 in He idelberg ein Edikt, das die Einführung der Reformation und die Abschaffung der katholischen Lehre für alle seine Untertanen verkündete. Auch Sponsheim muBte zur Reformation übertreten.

Der erste reformierte Pfarrer in Sponsheim hieß Erasmus Überlinger .

Er trat sein Amt im Jahre 1564 an. Er sorgte für die seit langem notwendige Instandsetzung der Kirche und des Pfarrhauses. Darüber wurde im Baubuch von 1587 berichtet: I'Kirch ist in guttem Bauwe, allererst durch mich auf Befehl verrichtet worden. PfarrhauB ist auch genugsam erbauet, allein das Dachwerk ist nit vill SchuB werth, ist ein Strowedach, wehre hochnötig, es mit Zygeln bedecket würde. Sintemal auch die Scheuer damit versehen. Dieses ins Werkh zu richten, wären 60 Gulden nötig; m üBte Kollektur solches erlegen. Hat t kein GlockenhauB allda." Bei dieser ersten größeren Reparatur reichten die eigenen Mittel des Pfarrers nicht

Problem dann noch viel deutlicher hervortreten und die Pfarrer und die kurfürstliche Verwaltung immer wieder beschäftigen. 15)

Der zweite reformierte Pfarrer, von dem wir wissen, war Caspar Seidelius aus Köln. Er hatte in Genf studiert, war 1582 Katechet bei einer Kölner reformierten Gemeinde geworden, danach von 1585 bis 1586 als Hofprediger bei der Gräfin Maria zu Waldeck in Beyenburg und von 1586 bis 1598 als Pfarrer in Köln t!!.tig gewesen. Er amtierte in Sponsheim yon 1598 bis 1605. Wer sein Nachfolger war, ist unbekannt. Im Jahre 1610 kam Pfarrer Friedrich Zimmermann nach Sponsheim. Er war vorher von 1603 bis 1607 Diakon in Schefflenz gewesen. Pfarrer Zimmermann starb schon im Jahre 1614. Von ihm stammt eine eingehende Beschreibung der Verhältnisse in der Gemeinde Spon sheim. Im Stil der damaligen Zeit lautet sein Bericht:

der Kurtze Verzeichniß, was es mit der Pfahr zu Sponsheim für eine Gelegenheit habe und welches ihr Einkommen sey:

1. Collator ist der durchlauchtigste hochgeborene Fürst und Herr ,

Herr Friedrich von der Pfalz, Graf bey Rhein, des Heyligen RÖmischen Reichs Erztruchseß und Churfürst, Herzog in Bayern, unser gnädigster Fürst und Herr .

2. Kompetenz: Dem Pfahrer ist nichts mehr zuständig als eilff Gulden und halb Theil an Zehenden, welcher doch verständlich geftlllt, nach dem fruchtbare und unfruchtbare Jahre kommen.

3. Der Ort ist zur Gesundheit des Leibes nit unbequem, sintemal gesunde Luft und frisch Wasser daselbst zu f inden.

4. Das Pfarrhauß ist mehr als baufällig, weil es nit allein in alle andere Gemach, sondern auch in die Stuben selbst regnet. Und obwohl anno 94 ein neues Bäuwlein mit 4 Gemächer daran gehenkt, ists doch anfänglich so übel versehen worden, daß es sich von dem alten abreißet, daß zu befürchten, wo man nit beizeiten Hülff und besserung thut, werde beydes, alt und neu, über einen Hauffen fallen.

Der Pfarrer kann hernacher leichtliuch aufbringen, welcher ein guttes Hab an Gelt und Vieh mit sich dahinbringet. Sintemal er immerdar mit großen Unkosten muß Taglöhner haben, die entweder in dem Wingert graben, schneiden, rühren, biegen, lauben, oder die Äcker, welche nit von dem dritten Theil verliehen, zu zackern und zu besähen oder den Zehenden einzusammeln, heimzuführen und zu treschen oder zu laden und Beseerungen auszuführen oder dergleichen Arbeit zu verrichten: welcher aber arm und bloß dahinkommet oder schwach ist ode r unbeweibt, oder sich sonsten von dem Weinund Ackerbauw und Viehzucht nichts verstehet, dem fallet eß (wie leichtlich zu errathen) unbequemlich und schwerlich genugsam.

6. Der Glöckner daselbsten wird von unseres Gnädigsten Churfürsten und Gnaden ohne Schuldienst und besonder Hauß angenommen und zum Theil vom Pfarrherr, zum Theil von der Gemein besoldet. Der Pfarrer muß ihm jährlich von seiner Dienstbesoldung drey Malter Korns liefern. Von der Gemein empfängt er von einem jeden besähten Acker eine Garb und 8 Albus, von einem jeden Hauß ein Brodt. Friedrich Zimmermann,

Pfarrer daselbst

Aus dem Jahre 1605 ist eine genauere Beschreibung der Einkünfte Sponsheimer Pfarrer erhalten:

1. 11 Gulden an Kompetenz ist schuldig;
2. 40 Malter ungefähr, an Zehenden an allerley Früchten;
3. 1 Fuder Wein, wann er gar wohl geräth;
4. 22 Morgen ohngefährlich an liegenden Gütern, alß Äcker, Wiesen und Weingärten, so zum Teil umb den dritten Theil hergeliehen;
5. 9 oder 10 Malter Frucht und vom Morgen etwa 1 Fuder bekommen kann;
6. eine Behausung.

der auf diese Berichte hin entschloss sich die kurfürstliche Regierung, dem Pfarrer die Verpflichtung, Kirche und Pfarrhaus baulich zu unterhalten, 16)

bemühten sich nach seinem Tode die pfälzischen Landesherren um einen Ausgleich zwischen den Konfessionen, zumal es in weiten Teilen des Landes verschiedene Bekenntnisse nebeneinander gab. Als durch Erbfolge die katholische Linie Pfalz- Neuburg mit Philipp Wilhelm die Regierung Übernahm, bestimmte dieser neue Landesherr sogar, daß Katholiken und Reformierte an Orten mit einer einzigen Kirche diese gemeinsam benutzen durften. )

Über die Verheerungen und das Elend, welche der Dreissigjährige Krieg in Sponsheim angerichtet hat, gibt es keine Urkunden. In der Zeit danach hatten es die Menschen auch nicht leicht. Im Jahre 1666 wurde das Rheingebiet von einer furchtbaren Seuche heimgesucht, der in Bingen jeder Dritte zum Opfer fiel. Auch in Sponsheim forderte die Pest ihren Tribut. Auf einer Grabplatte auf dem alten Friedhof liess sich aus teilweise noch erhaltenen Schriftzügen erkennen, daß ein gewisser Johann Will in diesem Pestjahr starb. 21)

Viel Not und Elend brachte auch der Orleanssche Erbfolgekrieg in den Jahren 1688 bis 1697 über Sponsheim. Im Jahre 1693 wurde es von durchziehenden Soldaten schwer heimgesucht und völlig ausgeplündert. Die Truppe legte viele Häuser, darunter auch das Pfarrhaus, in Schutt und Asche. Vom Pfarrhaus standen nur noch die nackten vier Wände. Damit gab es für einen Pfarrer keine Wohnung mehr, zumal die wenigen Glücklichen, deren Häuser noch standen, ihre obdachlosen Mitbürger bei sich aufnehmen mußten. So wurde Sponsheirn fürs erste als Filiale der Pfarrei Münster zugeteilt. Von 1699 bis zum 7. April 1741 verwaltete Pfarrer Jakob Weingärtner von Münster aus die katholische Pfarrei Sponsheim. Er stammte aus Kastel, wo er irn Jahre 1670 geboren wurde. Er besuchte das Er;!:bischöfliche Priesterseminar in Mainz und wurde im Jahre 1695 zum Priester geweiht. Als Pfarrer von Münster beschrieb Weingärtner seine gesamten Einkünfte und machte über die Filiale Sponsheirn folgende Bemerkungen:

Die Pfarrgefälle der Filiale Sponsheirn: das halbe Zehendt an Frucht 8 Malter, Lebensfrüchten- Erträgniß: nichts. Der halbe Zehendt Wein ein Jahr ums andre :1. 3 Ohm; seiend lauter erst angelegte neue Wingerten. Die andre Hälft ist bei hochlöbl. Kammer zu finden. An Äckern 20 kleine Morgen in 2 Fluren; waren aber vor meinem Angang versteigert zu 12 Malter Korn jährlich. Etwa 1.1/2 Morgen schlechte Wießen

:1. einen Morgen Heu ertragend. An Schulbesoldung daselbsten: An 8 Morgen Äcker klein Maß jährlich auf zur Hälfte zu genießen. 20 Gulden von der Kollektur Otlernheim. Klockengard von jedem Mann, deren etliche über 20 seynd. Ein geringes Schulgeld. Diese Filial entliegt Münster

:1. eine gute halbe Stund. Von den anderen 3 Filialen hat Parochus nichts. Weingärtner war Pfarrer in Münster, Sponsheim, Laubenheim, Grolsheim und Dorsheim. 22) - Genauere Angaben über die Einkünfte aus Pfarrei und Schule enthält das Kompetenzbuch vom Jahre 1728. Da heißt es: Ermelter Pfarrer von Münster thut wegen Versehung der Filial Sponsheim den halben Fruchtzehendt daselbst genieBen, so ertragen mag: 30 Malter Korn. Ferner bekommt solcher an Wein-Zehenden: 5 Ohm. Mehr hat derselbe 20 Morgen Acker, so ertragen mögen: 12 Malter Korn. Und 1.1/2 Morgen WieBen ertragendt ein Wagen Heu zu 5 Gulden.

Dem Schuhlmeister alßda werden aus der Kollektur Odernheim abgegeben: 20 Gulden. Item beziehet derselbe von 7.1/2 Morgen Ackerfeld propter jährlich 4 Malter Korn. Item an Glockenkorn bringt 1.1/2 Malter Korn. Item ein schlecht altes Wohnhaus mit einem Stock, Stub und Kammer. Eine Kirch ohne Orgel. Seind 34 Schulkinder vorhanden. Schuhlmeister Frantz Barth ist am 23. Januar 1758 zugelegt worden: 4.1/2 Malter Korn.

Der letzte Satz ist offensichtlich eine spätere Anfügung. 23)

Pfarrer Weingärtner hielt an allen Sonn- und Feiertagen in Sponsheim vormittags Gottesdienst. Die Einwohnerzahl betrug 160 in 30 Familien. - Von 1741 bis 1756 versah Pfarrer Johann Eberhard Weitzel von Büdesheim aus die Filiale Sponsheim. Bei seiner Einsetzung war aber schon die Rede davon, sie solle gelten "auf einstweilen, bis es dem Churfürsten gefallen 24, - merhin verfügten Weingärtner und Weitzel auf Grund der pfälzischen Kirchenteilung von 1706 wieder allein über die Kirche, weil Sponsheim dem katholischen Bekenntnis zugewiesen worden war. Die Reformierten wurden der Gemeinde Laubenheim zugeordnet. 25)

Der Streit um die Pfarrei zwischen Sponsheim und Dietersheim

Die Bemühungen der Sponsheimer Katholiken um Zuweisung eines Pfarrers, der wieder im Ort wohnen sollte, waren schließlich erfolgreich. Am 31. März 1756 wurde Johann Meyer, Kaplan in Mannheim, für die Pfarrei Sponsheim vorgeschlagen und durch das Erzbischöfliche Vikariat am 21. Juni 1756 bestätigt. Er sollte Aspisheim mitversehen und sich dafür einen Kaplan halten können. Dafür sollte er zusätzlich jährlich 50 Reichstaler an Geld, 12 Malter Korn und 1 Fuder Wein erhalten. Bis zur Erbauung eines neuen Pfarrhauses sollte der Pfarrer im Rathaus seine Wohnung zugewiesen erhalten. 26)

Bei der Überweisung der Sponsheimer. Kirche an die Katholiken befand sich diese in einem jämmerlichen Zustand. Sie war halb verfallen und noch mit Stroh gedeckt. Erst im Jahre 1726 wurde sie auf Befehl des Kurfürsten wieder hergestellt. Die Kosten wurden von der geistlichen Administration getragen. Bei der Neuerrichtung der Pfarrei Sponsheim im Jahre 1756wurde die bauliche Unterhaltung der Kirche wieder auf die Gemeinde

Sponsheim übertragen.

Dies konnte den Pfarrer Vorerst nicht sehr belasten, weil sich die Kirche dreißig Jahre nach der gründlichen Instandsetzung in gutem Zustand befand.

Anders stand es um das Pfarrhaus. Nach der Brandschatzung von 1693 stand nur noch eine Ruine. Von dem früheren Pfarrhof waren nur noch die baufälli-

gen Stallungen vorhanden, in denen der Knecht des Münsterer Pfarrers

Pferde unterstellte, während sein Herr Kirche hielt. Es fehlte also an allem, was der neue Pfarrer benötigte, um seine Einkünfte aus dem Pfarrgut zu realisieren.

Für die erste Zeit war jedoch wenigstens für eine Wohnung gesorgt. Der Bürgermeister stellte sie irn Rathaus zur Verfügung, um wieder einen Pfarrer in den Ort zu bekommen. Doch als der neue Pfarrer, Johann Meyer, zur Besichtigung ins Rathaus kam, stellte er fest, daß seine Wohnung im oberen Stockwerk nur eine Stube mit Nebenzimmer umfassen sollte, der Speicher nicht gebordet war und sich unten eine Schmiede befand, wo Pferde beschlagen und zur Erntezeit Sensen gedengelt wurden, Tätigkeiten, von denen schlimme Geruchs- und Geräuschbelästigungen ausgingen. Die Pfarrwohnung hatte keinen Keller, keinen Stall und keine Scheune. Pfarrer Meyer sah damit keine MÖglichkeit, aus dem Pfarrgut Erträge zu erwirtschaften und davon seinen Unterhalt zu bestreiten. Daß die Gemeinde aus ihrer Sicht das Angebot einer Wohnung irn Rathaus als großzügige Geste ansah, bemerkte der neue Herr nicht. E verärgerte die Sponsheimer von Anfang an, indem er es ablehnje, die ihm zugl dachte Wohnung zu beziehen. Statt dessen quartierte er sich in einem WirtshaI ein, wo er ebensowenig sein Pfarrgut bewirtschaften konnte, wie es ihm vom Rathaus aus möglich gewesen wäre. Die Sponsheimer verstanden ihren neuen Pfarrer nicht und zeigten sich während der dreißig Jahre seiner Amtszeit immer weniger geneigt, ihm bei seinen Bernühung um einen Pfarrhausneubau zu helfen, zumal dabei jeder mit Hand- und Spanndiensten für den unbeliebten Pfarrer sich hätte beteiligen müssen. 27 )

Der junge Pfarrer, offenbar nicht nur irn Umgang mit seinen Pfarrkindern, sondern auch im Verhalten gegenüber Behörden unerfahren, schrieb Gesuch, um Gesuch, erreichte aber nichts. Zunächst war zu klären, wer den Pfarr hausbau zu finanzieren hätte. Darüber gerieten die kurfürstliche Hofkammer die geistliche Administration und die Gemeinde Sponsheirn miteinander sehr in Streit. Immer wieder schrieb Pfarrer Meyer demütig und untertänigst an die möglicherweise zuständigen Stellen, auch an den Kurfürsten persönlich, aber regel mäßig lautete die Antwort, daß die Angelegenheit dem Refel:enten Kunzmann zum Bericht übergeben worden sei. Bitter klagte der SponsheimeI Pfarrer: "Was soll denn auch der Herr Refel'ent berichten ? Wie soll er

ZUI

Anschaffung eines neuen Pfarrhauses dahier verhelfen können ? Er selber wiJ nicht wissen, wo er die Sache anpacken soll. " 28)

So erfolglos Pfarrer Meyer sein eigenes Anliegen verfocht, so tüchtig war er als Geistlicher. Im Jahre 1761 vermachten der Zolleinnehmer Johann Kie fer aus Sponsheirn und ein gewisser Nikolaus Schalk aus Büdesheirn der Kirche das sogenannte Engelmeßgut. Der Pfarrer sdlte gegen Erhalt des LegatE sogenannte Engelmessen für die Erblasser lesen. Pfarrer Meyer suchte zunächst am 4. Januar 1762 um die oberhirtliche Genehmigung nach, weil "solche Andacht bei hiesiger ganz katholischer Gemeinde höchst auferbaulich, auch zur Verbesserung der Pfarrei gereichet, die Expositio Venerabilis abe: ohne eines hochwürdigsten Vikariats gnädige Erlaubnis nicht geschehen kann' Das Erzbischöfliche Vikariat befragte daraufhin den Pfarrer nach Einzelheiten des Legats, für das der Pfarrer künftig wöchentlich die Engelmesse halten sollte. Pfarrer Meyer berichtete daraufhin am 30. März 1762:

Die Fundation gernelter wöchentlicher Engelmeß bestehe zwar nicht in Geld, sondern in 9 Morgen, 2 Viertel, 2 Ruthen Ackerland, sodann in

2 Viertel, 7 Ruthen Weingarten, zusammen in 10 Morgen, 10 Ruthen neuer Messung in Sponsheimer Gemarkung gelegen. Davon seynd 8 Morgen, 10 Viertel von einem zeitlichen Pfarrer zu benützen und zwar die Hälfte alljährlich für etwa 45 heilige Messen - maßen die auf Donnerstag fallenden Festtäg davon ausgeschlossen seynd - dem Schulmeister aber für seine Bemühung 2 Morgen, als womit er zufrieden sein kann. Da nun aber auJ bernelten Gütern die herrschaftlichen Beschwerden, so zur Churfürstlichen Hochlöbl. Hofkammer gehören, annoch haften, so habe ich zwar allmöglichen Fleiß angewendet, dieselbe dieselbe gleich dem dahiesigen Pfarrguth

davon zu befreien, bin aber von ermelter Hofkammer als prima instantia noch zur Zeit abschlägig beschieden worden. Es würde jedoch meines Erachtens zu sothaner Befreiung keinen Anstand haben, wenn ein Hochwürd. Gdges. Vikariat mitte Ist eines nachdrücklichen Vorschreibens an Thro Churfürstl. D hIt. zu Pfalz dieses sein Gesuch zu begleiten gnädig geruhete. Sollte aber Eines Hochwürdigen Vikariats Willensmeinung sein, abgernelte Güter zu verkauffen, so würde erstens dahier aus Mangel des Geldes der Werth gernelter Gü tern bey weitem nicht herauskommen, andertens aber sich zwar l.euth genug anerbieten, das Kapital zu übernehmen, würde aber besonders bei diesen Zeiten hart fallen, die jährlichen Interessen her~ auszutreiben, wie bei allhiesigen wiewohl geringen Kirchen-Kapital und sonstigen herrschaftlichen Geldern die Erfahrnuß lehret.

Was nun die Kirche wegen dem Wachs und Utensilien betrüft, so kÖnnte hierinfalls jedoch ohnefürschreiblich deswegen nachgesehen werden, weilen allhiesige Kirch von Chur-Pfalz-Geistlicher Administration die nötigen Paramente wie auch die jährlich gewöhnlichen Utensiliengelder ernpfanget.

Dieses ist, was Einem Hochwürdigen Gnädigen Vikariat hierdurch unterthänig zu berichtenunq Hochdemselben anheimstellen sollen, ob

nicht obgedachte Fundation gdg. genehmiget, undfalls dieselbe noch

z. Zt. für zu ge ring erachtet werden sollte, wenigstens adinterirn bis -' zu einer etwa sich ereignenden anderweitigenVerstärkung oderzubewirkenden Entlässigung der darauf seyenden herrschaftlichen Orterum um so mehr gnädig konfirmiret werden wolle, als ich hiermitverbinde ad tempus existentiae auf dieser Pfarrey zu größerer Ehre Gottes und Mehrung der Andacht dieses ganz katholischen Qrths gegen Benützung obbesagter Gütern diese h. Engelmeß wöchentlich zu halten. Der ich untertäniger Submission beharre Eines Hochwürdigsten Gnädigen Vikariates unterthänigst-gehorsamster

Johannes Meyer, Pfarrer allda

Sponsheim. 30. November 1762

Daraufhin wurde die Stütung der Engelmesse vorläufig genehmigt, "biß ein mehreres dazu kommen und mit der Zeit besser fundirt" würde.

Die Engelmeßäcker bildeten zusammen ein Stammgut, das dem Unterschultheiß Christoph Burger in Sponsheim gehört hatte, aber an einen Hofkammerrat Knapp in Kreuznach für geliehenes Kapital mit einer Hypothek belastet war. Die Zolleinnehmer Johann Kiefer aus Sponsheim und Nikolaus Schalk aus Büdesheim hatten es eingelöst. Sie vermachten es der Kirche gegen Stütung der Engelmesse. 29)

Zu den Leistungen, die Pfarrer Meyer für Sponsheim erbracht hat, gehört der Bau des ersten Schulhauses im Jahre 1769. Zur Finanzierung erhielt die Gemeinde von der kurpfälzischen Regierung ein Kollektenpatent. Die ständigen Einkünfte der Schule betrugen um diese Zeit 20 Gulden an Geld, viereinhalb Malter Korn von der geistlichen Administration und sieben Morgen Schulgut. Statt des Schulgeldes wurde dem Lehrer von der Gemeinde mit Genehmigung der Regierung ein Stück von ungefähr 30 Ruten Wiese zugeschrieben. Orgel brauchte der Lehrer nicht zu spielen, weil keine vorhanden war. Der Lehrer war zugleich Gerichtsschreiber . Der Schulbesuch ließ zu wünschen übrig, weil die Kinder, vor allem im Sommer, bei der Feldarbeit helfen mußten. Es half wenig, daß der Unterricht um die Mittagszeit gehalten wurde, wenn es für Feldarbeit zu heiß war. 30)

Sowenig Pfarrer Meyer sich die Zuneigung seiner Sponsheimer Gemeinde zu verschaffen verstand, sosehr schätzten ihn seine Amtsbrüder im Dekanat Gau-Algesheim. Sie wählten ihn schließlich zum Dekan. Auch bei dem Erzbischöflichen Vikariat scheint er einen guten Ruf gehabt zu haben; gegen Ende seines langen Wirkens in Sponsheim konnte er am 8. Juli 1785 mit obrigkeitlicher Erlaubnis zwei Glocken weihen, eine große zu Ehren des heiligen Georg und eine kleinere zu Ehren der heiligen Anna. 31)

Noch immer schwebte der Streit um den Neubau des Pfarrhauses. Pfarrer Meyer war des Gesuchemachens müde und ging daran, der kurfÜrstlichen Hofkammer gerichtlich nachzuhelfen. Daraufhin bekam er am 9. Mai 1781 von dem kurpfälzischen Oberamt Alzey den Bescheid, wenn er wegen der Bauträgerschaft für das Sponsheimer Pfarrhaus gegen die kurfürstliche Hofkammer vorgehen wolle, so habe er dies bei dem zuständigen kurfürstlichen Hofgericht vorzubringen. Das Oberamt bot dem Pfarrer die Akteneinsicht an. 32) Ob der Sponsheimer Pfarrer weitere Schritte unternommen hat, wissen wir nicht. Er starb am 15. September 1786nachfast dreißigjährigem Wirken in Sponsheim, 61 Jahre alt. 33)

Schon bald war der Nachfolger im Amt. Pfarrer Peter Scharvogel stammte aus LangenIonsheim und hatte achteinhalb Jahre lang die Pfarrei Wieblingen bei Heidelberg mit nicht weniger als dreizehn Filialen betreut. Er war froh, in Sponsheim, nahe seiner Heimat, eine leichtere Aufgabe Übernehmen zu können, obwohl auch hier die Filiale Aspisheim zu versorgen war. Er war gesundheitlich angeschlagen und machte bald nach seinem Amtsantritt ein Bittgesuch an das Vikariat in Mainz, es möge dem in Dromersheim die Frühmesse lesenden Kapuzinerpater die Erlaubnis erteilenzweimal die Messe zu lesen, damit er künftig in Aspisheim Kirche halten könne. Seine Kräfte Ilund besonders seine Brust II habe er, Scharvogel, in den Kaplansjahren und hauptsächlich in den ersten Pfarrjahren geschw~cht, schrieö er. Später, wenn er einen Kapl an habe, könne die Genehmigung für den Pater wieder wegfallen. Tatsächlich kam später Scharvogels Bruder Johann Baptist und übernahm den Kaplandienst. Nach dessen Versetzung in die Pfarrstelle nach Ladenburg am Neckar übernahm das Binger Kapuzinerkloster die Sponsheimer Kaplanstelle .

Pfarrer Peter Scharvogel fand seine neue Gemeinde immer noch ohne ein Pfarrhaus vor und hatte neben der Filiale Aspisheim, eine Stunde entfernt, auch die Sponsheimer Mühle zu betreuen. 34) Wann sie auf dem steinigen Nahegelände I lAuf den WackenIl erbaut wurde, läßt sich aus den Akten nicht feststellen. In einer Gemarkungskarte von 1577 ist sie noch nicht eingetragen.

Man nimmt an, daß die während des dreisigjährigen Krieges oder kurz

Seite 24,25

danach errichtet wurde, denn die Wiederaufbaugenehmigung für die

Kriege abgebrannte Frauenmühle bei Büdesheim wurde erst 1652 erteilt. Jedenfalls übernahm am 27. April 1684 der "neue Müller" Johann Adam Steinbach Patenstelle für das Kind des Sponsheimer Bürgers Anton Clos. Er war vermutlich der erste Müller der Sponsheimer Mühle. Unter seinem Nachfolger Georg Friedrich Knecht trug die Mühle den Namen "Wakkenmühle" . Er verlor auf der Mühle seine Frau und verließ Sponsheim bald danach. Dem nächsten Müller, Quirinus Schaus, starben in den Jahren 1723 und 1724 zwei kleine Kinder und im Jahre 1726 seine noch junge Frau. Er heiratete noch im selben Jahr wieder und verkaufte drei Jahre später die Mühle an Anton Steeg. Dessen Tochter heiratete den Witwer Andreas Pfeifer aus Sponsheim, einen Vorfahren der letzten Mühlenbesitzerfamilie. Nach Steeg übernahmen seine beiden Söhne die Mühle. Beide verloren Kinder durch Unglücksfall. Im Jahre 1777 kaufte Balthasar Zimmer aus Ober-Hilbersheim die Mühle. Er hatte nach Sponsheim geheiratet und suchte in der Mühle eine Existenz als freier Unternehmer, gab die Mühle aber schon 1780 wieder auf und wanderte mit Frau und Kind nach Ungarn aus. Im Jahre 1788 ktmen sie nach Sponsheim zurück und starben beide noch im selben Jahr, Balthasar Zimmer 46 Jahre alt, seine Frau im Alter von 34 Jahren. Von ihm übernahm Nikolaus Stabel die Mühle, aber er fand hier auch nicht das erhoffte Glück. Ihm starb auf der Mühle eine Tochter. Er verkaufte die Wackenmühle an M~hael Schiffmann.

Dieser machte sich im Jahre 1787, bald nach dem Amtsantritt von Pfarrer Scharvogel, mit seinen Söhnen Leonhard und Friedrich daran, die Mühle auf den neuesten technischen Stand zu bringen. Dazu nahm er eine Hypothek von 600 Gulden auf - die Jahreseinkünfte des Pfarrers wurden auf nicht mehr als 434 Gulden beziffert - und baute die Mühle gründlich um. Es gelang ihm aber nicht, den Betrieb rentabel zu machen. Im Jahre 1791 hatte er noch nichts von seiner Hypothek abgetragen, sondern er geriet in immer höhere Schulden und konnte nicht einmal mehr die fälligen Steuern und Abgaben bezahlen. Ohne lange zu zögern, ließ die Gemeinde Sponsheim ,

der Schiffmann 90 Gulden herrschaftlicher Schatzung und acht Malter Korn schuldete, am 1. September 1791 die Mühle versteigern. Johann Dickenscheid aus Langenlonsheim erhielt für 1200 Gulden den Zuschlag auf die Mühle mit allen Liegenschaften und verpflichtete sich außerdem, die rÜckständige Schatzung und Pacht zu bezahlen, die Hypothek von 600 Gulden zu übernehmen und von dem Rest zu Martini 1792 und der folgenden Jahre jedesmal ein Viertel nebst Zinsen zu zahlen. Dickenscheid ließ die Mühle weiter von Schiffmanns Söhnen betreiben. Sie konnten die Mühle bald in ihren Besitz bringen und die Schulden abbezahlen.

Unterdessen mußte Pfarrer Scharvogel für seine Wohnung in Sponsheim Miete bezahlen, weil es immer noch kein Pfarrhaus gab. Er nahm dies zunächst hin, weil seine neue Pfarrei in mancher Hinsicht gegenüber seiner früheren viele Vorteile mit sich brachte. Doch je länger er im Amte war, desto lästiger wurde es ihm, daß ihm für die Bewirtschaftung des Pfarrgutes alle Voraussetzungen in räumlicher und technischer Hinsicht fehlten und daß er von seinen dadurch reduzierten Einkünften auch noch Geld fürs Wohnen ausgeben mußte. So richtete er am 30. August 1789 ein dringendes Gesuch an den Kurfürsten. Er schrieb:

Durchlauchtigster Churfürst! Gnädigster Herr !

Aus Mangel eines Pfarrhauses bewohne ich ein Bauernhaus, welches aber die Eigentümerin an ihren Tochtersohn übergeben hat, der es zu seinem besseren Vortheil selbst bewohnen will. Ich muß Platz machen, das Haus räumen und weiß, da nicht eine einzige Wohnung im Ort für mich ist, nicht, wohin ich ziehen soll. Außer ich müßte den Pfarrort verlassen und mir in einem nächstgelegenen protestantischen Orte Herberg suchen. Allein dieses ist in Anbetracht des auf die Sonn- und Feiertäge wie Werktäge im Pfarrort zu haltenden Gottesdienste allerdings unschicklich, in Ansehung meiner schon ohnehin mühsamen Landwirtschaft schädlich, untunlich. Dieser äußersten Verlegenheit, in der ich leider stecke, könnte dadurch ein abhelfliches Mittel verschafft werden, wenn Höchstdero Hofkamme r oder die geistliche Administration oder

beide zusammen ein schon wirklich gebautes Haus mit Zubehör, das dauerhaft, geräumig und um einen billigen Preis käuflich wäre, desgleichen sich eins vorfindet, schleunigst ankaufen würde, wodurch ein merklicher Vortheil für jenen bauschuldigen Teil und für mich entsteht:

für jenen, da durch sothane Ankaufung 2000, wenigstens 1500 Gulden erspart werden; für mich, indem ich ein bleibendes Obdach hätte und meine Laildwirtschaft, welche meine Hauptunterhaltungsquelle ist, mit Beseitigung alles Schadens, den mir der Mangel eines Pfarrhauses, Scheuer, Stallung usw. bis hierher zugezogen hat, besorgen könnte. Und in dieser Hinsicht habe ich mich Euer Kurfürstlichen Durchlaucht demütigst zu Füßen legen sollen, angelegentlich bittend, daß Höchstdieselbe die Ankaufung vorgedachten neuen, daue rhaften und geräumigen Hauses dem bauschuldigen Teil gnädigst zu befehlen geruhen möchten. Gnädigsten Erhörs midlgetröstend ersterbe ich in tiefster Ehrfurcht.

Ew. Churfürstlichen Durchlaucht demütigster Peter Scharvogel

Pfarrer 36)

Dem Pfarrer half weder die Drohung mit seinem Fortzug in einen protestantischen Nachbarort noch der praktische Vorschlag eines geeigneten Kaufobjektes. Er scheint auf sein Gesuch nicht einmal eine Antwort erhalten zu haben. Wie er aus der Verlegenheit herausgekommen ist, die gemietete Wohnung zum für ihn frühestmöglichen Ze itpunkt räumen zu müssen, wissen wir nicht. Jedenfalls blieb er weiter in Sponsheim, wenn auch nicht ohne Murren. Am 15. Januar 1796 wurde er zum Pfarrer in Gensingen ernannt und dorthin versetzt.

Schon vom 13. Januar 1796 ist die Ernennung des Nachfolgers, Philipp Heinrich Brandt, zum Pfarrer von Sponsheim und Aspisheim datiert. Der damals 31 Jahre alte gebürtige Kreuznacher war nach seinem Studium in die Lazaristenkongregation eingetreten; aber nach der Zerstörung aller Lazaristenklöster infolge der Französischen Revolution hatte er sich genötigt gesehen, eine Weltpriesterstelle anzunehmen. Er war zuerst Kaplan in Mannheim und

Kam von dort nach Sponsheim. Wie sein Vorgänger, so mußte auch er zur Mie

te in ein Bauernhaus einziehen, und a~wurde eines Tages die Wohnung gekündigt, weil der Eigentümer sie für sich selbst benötigte. Unterdessen stritten sich die Sponsheimer weiter mit der kurpfälzischen Hofkammer über die Kostenlast für einen Pfarrhausneubau. Weder wollten die Sponsheimer zahlen, noch war die Regierung bereit, den Bau zu finanzieren.

Als Pfarrer Brandt aus seiner Mietwohnung ausziehen mußte, hatte er gerade die Versorgung der Pfarrei Dietersheim mitübernommen, wo rer Pfarrer gestorben und ein Nachfolger noch nicht bestimmt war. Kurzerhand zog Pfar. rer Brandt in das Dietersheimer Pfarrhaus um und leitete von dort aus auch seine eigene Pfarrei Sponsheim. Bei einer Neuorganisation der Diözese wur de Pfarrer Brandt wenig später zum Pfarrer von Dietersheim ernannt, die bisherige Pfarrei Sponsheim zur Filiale erklärt und der Pfarrei Dietersheim angegliedert. Diese zunächst vorläufige Regelung wurde im Jahre 1810 als unabänderlich bestätigt.

In letzter Stunde erklärten sich nun endlich die Sponsheimer bereit, ein neues Pfarrhaus zu bauen, aber es war zu spät. Daß Sponsheim den Status einer Pfarrei verlor und nur noch Filiale von Dietersheim sein sollte, nahmen die Sponsheimer nicht nur dem Pfarrer übel, sondern sie trugen es vor alle] den Dietersheimern nach. Noch jahrelang verlangte die Gemeinde Sponsheirn von Pfarrer Brandt die Zahlung rückständiger Wohnungsmiete. Brandt wandte sich dagegen an den inzwischen als Regierungsvertreter zuständigen Präfekten des Departements Donnersberg und legte dar, daß er nach so vielen für Sponsheim gebrachten Opfern nicht auch noch dazu genötigt werden könne Hausmiete zu bezahlen. Das Gesuch wurde von dem für Sponsheim zuständigen Bürgermeister von Büdesheim befürwortet. Es hatte Erfolg. Der Bes:he lautete, daß nach französischem Gesetz der Pfarrer keine Miete zu bezahlen brauche. Diesen Sieg im Prozeß um die Miete nahmen die Sponsheimer dem Pfarrer erst recht übel. Sie verlegten sich auf mancherlei Schikanen, um Pfarrer Brandt die notwendigen Besuche in Sponsheim zu verleiden, ohne daß er ihnen dafür etwas anhaben konnte. Er ließ sich schließlich nach Alzey versetzen wo er drei Jahre nach seinem Weggang aus Dietersheim und Sponsheim, am 38 8. Dezember 1813, starb. )

Damit war aber der Streit zwischen Dietersheim und Sponsheim um die Position als Pfarrei noch nicht zu Ende. Von 1810 bis 1818 amtierte als Pfarrer in Dietersheim und in der Filiale Sponsheim Johann Baptist Bender. Ihm folgte Pfarrer Johann Peter Willemuth, der außerdem für Grolsheim zuständig war. Seine Hauptsorge wurde der schlechte Zustand des Pfarrhauses in Dietersheim, das dringend reparaturbedürftig war. Diesmal war es die Gemeinde Dietersheim, die sich weigerte, es instand setzen zu lassen. 1828 war das Pfarrhaus so baufällig geworden, daß Pfarrer Willemuth es verlassen mußt e. Diesmal bot sich die Gemeinde Sponsheim an, ihm auf ihre Kosten eine Wohnung in dem Filialdorf Sponsheim zu mieten. Das Bischöfliche Ordinariat gab dazu seine Genehmigung, und so siedelte Pfarrer Willemuth nach Sponsheim über. Danach ließen die Sponsheimer ihre wahre Absicht erkennen; Die Gemeinde wandte sich an die Großherzoglich Hessische Regierung, den Pfarrsitz wieder nach Sponsheim zu verlegen. Das Gesuch vom 6. März 1828 lautete folgendermaßen:

An die Großherzoglich Hessische Hohe Regierung in Mainz

Unterthänigste Bitte, die Erbauung eines Pfarrhauses dahier betreffend

Sponsheim hatte von dem Tag an, als es zu einer Pfarrei erhoben worden ist, seinen eigenen Pfarrer bis zur Zeit der Organisation der neuen Mainzer Diözese, wo, wegen Mangel eines Pfarrhauses, der Pfarrsitz von Sponsheim nach Dietersheim verlegt worden ist. Wir konnten die Sache damals nicht ändern; aber kränkend bleibt es doch immer für unsere Gemeinde, welche von jeher im Besitz von 30 Morgen Pfarrgutes war und noch ist, keinen Gottesdienst als nur nach Willkür zu haben. Aus diesem wichtigen Grunde bitten wir flehentlich die Hohe Regierung um Gewährung unserer obigen Bitte. Wir würden der Hohen Regierung verschiedene Hypotheken von 1500 Gulden ausgeliehenen Geldes in die Staatskasse übergeben mit dem Bemerken, daß, weil die Schuldner bey gegenwärtigen Zeitumständen ihre Hypotheken nicht abtragen können, sich einstweilen mit den jährlichen Interessen nicht zu begnügen. Dann würden wir auch noch eine Hypothek von 500 Gulden auf Verpfändung Gemeindes Eigentum ausstellen.

Und da die Gemeindekasse schon 1400 Gulden in den Baufonds geschossen hat, so würden wir eine Hohe Regierung um die nötige Unterstützung aus diesem Fonds bitten. Und da das Pfarrhaus in Dietersheim keiner Reparatur wert ist, und diese Gemeinde noch weniger im Stande ist, ein Pfarrhaus zu erbauen als die hiesige Gemeinde, so wäre diese unsere unmaßgebliche Meinung mit dem gnädigsten Willen einer Hohen Regierung dahier ein neues Pfarrhaus zu erbauen. 39)

Da die Gemeinde Dietersheim erklärt hatte, aus eigenen Mitteln die Kosten eines Pfarrhausneubaues nicht aufbringen zu können, wurde das Anerbieten aus Sponsheim sowohl von der Regierung als auch von der kirchlichen Behörde angenommen. Doch dann verzögerte sich die Ausführung aus unbegreiflichen Gründen. Im Jahre 1830 war in Sponsheim immer noch nichts in Gang gebracht, um den Pfarrhausbau vorzubereiten. Anscheinend meinten die Sponsheimer, sie könnten, nachdem Pfar1'er Willemuth in einer Mietwohnung im Filialdorf Sponsheim wohnte, abwarten, bis der Pfarrsitz wieder hierhin verlegt sei, und dann erst mit dem Neubau eines Pfarrhauses beginnen. Diese Rechnung konnte nicht aufgehen.

Mit der Begründung, die für ihn gemietete Wohnung sei zu schlecht, zog Pfarrer Willemuth Ende September 1830 wieder nach Dietersheim um, wo ein kleines Haus leer stand. Nun hätten die Sponsheimer endlich wirklich mit dem Pfarrhausneubau beginnen sollen, aber es geschah immer noch gar nichts. Im Jahre 1832 machten die Orts- und Kirchenvorstände von Dietersheim eine Eingabe an die Großherzogliche Staatsregierung um Belassung des Pfarrsitzes und erklärten sich bereit, auf Kosten der Gemeinde ein neues Pfarrhaus zu erstellen. Dieser Antrag wurde genehmigt. Im Gegensatz zu Sponsheim machte sich Dietersheim daraufhin sofort an die Ausführung. Es gelang, 3500 Gulden durch Kollekten und Sammlungen aufzubringen und damit die Finanzierung zu sichern. Am 23. Juli 1834 wurde der Grundstein gelegt und der Bau im folgenden Jahr vollendet. So hatte Sponsheim durch unverständliches Zögern zum zweitenmal Pfarrer und Pfarrsitz verloren. 40)

Aus dem Streit um den Sitz der Pfarrei ist ein Gegensatz zwischen Sponsheim und Dietersheim zurückgeblieben, der sich bis heute immer wieder einmal äußert, wenn gemeinsame Probleme beider Gemeinden zur Lösung anstehen. Vielfach scheitern naheliegende und zweckmäßige Regelungen an der kategorischen Ablehnung entweder der Sponsheimer oder der Dietersheimer Bevölkerung. So hielt eine Zusammenarbeit zwischen den beiderseitigen Sportvereinen in den Jahren um 1975 bezüglich der Fußballjugend nur kurze Zeit. Als um die gleiche Zeit die Grundschule in Sponsheim zuwenig Kinder hatte, um selbständig zu bleiben, dafür aber in Dietersheim recht bald das Schulgebäude zu klein und baufällig zu werden drohte, scheiterte die Zusammenlegung beider Grundschulen in dem erst wenige Jahre alten Sponsheimer Schulhaus am Veto der Dietersheimer Eltern, die auf keinen Fall bereit waren, ihre Kinder künftig nach Sponsheim zur Schule fahren zu lassen. Seither müssen statt dessen die Sponsheimer Kinder täglich mit dem Schulbus durch Dietersheim und Büdesheim nach Dromersheim gefahren werden, weil sich für Sponsheim als Alternative nur die Zusammenlegung mit der Grundschule Dromersheim anbot.

Die Franzosenzeit

Die Französische Revolution von 1789 blieb für Kurpfalz und damit für Sponsheim nicht ohne Folgen. Zunächst schien es sich um ein Ereignis zu handeln, das nur für das Nachbarland Frankreich eine völlige Umwälzung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse zur Folge hatte. Dann aber folgte ein Krieg dem Frankreich der Revolution und einigen europäischen Monarchien, in dessen Verlauf die französischen Volksarmeen im Oktober 1792 das gesamte linke Rheinufer besetzten und einer französischen Militärverwaltung unterstellten. In den Friedensschlüssen von Campoformio und von Luneville wurde bestätigt, daß dieses Gebiet zur Französischen Republik gehörte. Die französische Militärverwaltung verlangte dazu von der deutschen Bevölkerung eine Erklärung, daß sie mit der Annexion durch Frankreich einverstanden sei. Diese Erklärung sollte von jedem Erwachsenen eigenhändig unterschrieben werden. Überalllagen die Listen in den Rathäusern aus, und es war offenkundig, daß eine Weigerung harte Repressalien zur Folge haben könnte. So wurden fast in allen Orten des neuen "Kantons Bingen" die Unterschriften geleistet. Sponsheim fügte jedoch die folgende Bemerk mg hinzu:

Die kleine und auch, mit Wahrheit zu sagen, die allerärmste Gemeinde Sponsheim hat sich zwar hiernächst jeder Bürger eigenhändig unterzeichnet, jedoch aber in der Hoffnung, dieselbe in die Zukunft nicht nur allein zu erleichtern, sondern auch nachdem schon mehr versprochenen Freyheiten auch wie fr1inkischen Bürgern, aber nicht wie bisher geschehen, zu behandeln. Sponsheim, 12. Juni 1798 Andreas Weinheimer, Agent Johann Mohr, Adjunkt

Noch eindeutiger erklärten sich die Dromersheimer, indem sie deutlich erkennen ließen, daß sie die Unterschriften nur dazu leisteten, sich nicht der angedrohten Strafe bei Nichtleistung auszusetzen. 41)

Die Einführung französischen Rechts und französischer Verwaltung brachte der Bevölkerung manche Vorteile. Alle Privilegien des Adels wurden aufgehoben, Jagdrechte und Zehnten wurden beseitigt. Zum erstenmal in der Geschichte gab es einen freien Bauernstand. Französische Verwaltung bedeutete Zentralverwaltung nach einheitlichen Grundsätzen. Das heutige Rheinhessen wurde als Departement Donnersberg etabliert und in Kantone gegliedert. Sponsheim gehörte zum Kanton Bingen und unterstand der BÜrgermeisterei Büdesheim. Im Ort saß ein "Bürgeragentll in der Rolle des Ortsvor-

steher

Nomina singulorum Männer Weiber Söhne Töchter Knechte Mägde Sa.

    • - Bürgermeister Weinheimer 1 1 4 2 8
  • 2. Brüsse lin Wittib 1 2 3 1 7

3. Schuhlmeister Mohr 1 1 1 2 5

4. Johann Schmitt jun. 1 1 1 3

5. Georg Friedrich 1 1 1 2 5

6. Tadeus Friedrich 1 1 1 1 1 5

7. Michel Kaster 1 1 2 2 6

8. Wilhelm Kirsch 1 1 2 1 5

9. Johann Weinheimer sen. 1 1 1 1 4

10. Franz Leiß Wittib 1 3 1 5

11. Dominicus H"y 1 1 1 3

12. Sirnon Schuhmacher 1 1 2

13. Peter Barth 1 1 5 7

!4. Johann Schober 1 1 2 4

15. Johann Schmitt sen. 1 1 2 3 7

16. Leonhard Klöckner Wittib 1 2 1 4

17. Johann Neumann Wittib 1 2 1 4

18. Johann Pfeifer 1 1 1 2 1 1 7

19. Bernhard Schuhmacher 1 1 1 1 4

20. Ludwig Riethe 1 1 1 1 4

21. Peter Klöckner 1 1 3 5

22. Giethin Wittib 1 3 4

23. Johann Kaster Wittib 1 3 1 5

24. Johann Weinheimer jun. 1 1 2 2 6

25. Franz S(;hmitt 1 1 2 2 1 7

26. Christoph Dietz 1 1 1 1 1 5

27. Johann Burger 1 1 1 3

Summa

Morgen große Schulgut bestehen. Das Nonnengut hatte seit 1792 die Witwe Brüssel, im Einwohnerverzeichnis unter Nr. 2 aufgeführt, in Erbpacht. Das kurfürstliche Kameralgut war auf zwanzig Jahre an Georg Mathes und Georg Wilhelm und "Consorten" verpachtet; der Vertrag lief bis 1804. Sie hatten dafür 63 Malter Korn als Pacht zu zahlen. Als die Franzosen dieses Gut beschlagnahmten und versteigern ließen, entschlossen sich die Pächter , es selbst zu erwerben, und erhielten auch den Zuschlag. Doch sie konnten die geforderte Kaution nicht stellen und erreichten nicht die Aushändigung des Bestandsbriefes. Trotzdem blieb ihnen das Gut zur Bewirtschaftung überlassen. Ob sie tatsächlich später die Versteigerungssumme gezahlt und das Gut als Eigentum erworben haben, ist aus den Akten nicht zu ersehen.44)

Die Zentralverwaltung in Mainz verfügte im Jahre 1798 die Erfassung aller Kapitalien, die von StUten, religiösen Gemeinschaften und anderen geistlichen Körperschaften aufgenommen worden waren; denn weil der Staat Herr dieser Kapitalien sei, m üBten auch die Zinsen nunmehr an ihn gezahlt werden. Die Gemeinde Sponsheim reichte daraufhin am 21. April 1798 folgendes Schuldnerverzeichnis ein:

1. Die Gemeinde schuldet in die Präsenz des

AlbanstUtes in Mainz

2. Huy an das AlbanstUt

3. Peter Riethe an das AlbanstUt

4. Franz LeiB Wittib an das AlbanstUt

5. Andreas Weinheimer an die St. Quintinfabrik in Mainz

6. Balthasar Lind an das St. AlbanstUt

7. Peter Klöckner an das St. AlbanstUt

8. Werner Klöckner an das St. AlbanstUt

9. Georg Brüssel Wittib an das St. QuintinstUt

10. Johann Weinheimer an das St. QuintinstUt

11. Bernhard Schuhmacher an das St. QuintinstUt

12. Leonhard Schiffmann an das St. QuintinstUt

13. Dominikus Huy an das St. QuintinstUt

14. Johann Mohr an das St. QuintinstUt

15. Leonhard Neumann an das ViktorstUt in Mainz

16. Joh. Peter Klöckner an das St. ViktorstUt

17. Johann Schober an das KollegstUt St. Peter in Mainz

1200 Gulden 300 Gulden 150 Gulden 400 Gulden 1400 Gulden 800 Gulden 800 Gulden 500 Gulden 600 Gulden 350 Gulden 400 Gulden 800 Gulden 200 Gulden 600 Gulden 800 Gulden 800 Gulden 100 Gulden

Aus dieser Aufstellung ist zu ersehen, daß die meisten Sponsheimer hoch verschuldet waren, und zwar vor allem gegenüber kirchlichen Einrichtungen. Von dem Müller Leonhard Schilfmann wissen wir, daß er darüber hinaus noch anderweitige Schulden hatte; die Zeitumstände brachten offenbar auch andere Sponsheimer in finanzielle Schwierigkeiten. Dies und die allgemeine Armut der Gemeinde bestätigte der Bürgeragent Weinheimer in einem Brief an den Bürger Kommissar Faber in Bingen:

Bürger Commissaire,

es ist llmen bekannt, daß der Ort Sponsheim nicht nur der ärmste des Kantons, sondern des Departements ist. Dahiesiger Gemeinde Wurde auch einer der in das Kanton gekommenen 50 Ochsen zurepartiert, welchen wir auch so willig in der Hoffnung, daß es nicht lange dauern WÜrde, annahmen, da aber nun unsere Hoffnung seit dem 20. Frimaire dieses Jahres mit Unterhaltung des Ochsen fruchtlos gewesen, so bitten wir den Bürger Commissaire vielfältigst, unserer armen Gemeinde doch von diesem Ochsen abzuhelfen, gestalten wir die Gemeinde schon drei Tage lang alle Tage versammelt haben, um diesen Ochsen anwiederum in einen anderen Stall zu bringen, aber leider aus Mangel des Futters und armuthshalber keines kaufen zu können, kann denselben niemand annehmen. Bürger Commissaire, wir bitten wiederholt zu diesem Umstand uns Gehör zu geben und beharren in Gruß und Hochachtung. Weinheimer, Agent Mohr, Adjunkt

In einem anderen Brief an die Behörde in Bingen berichtete Weinheimer, Sponsheim habe keine Häuser, sondern nur "30 zerfallene Hüttlein I'. Auch die Mühle unten an der Nahe sei durch die vielen Wasserfluten und Eisgänge so ruiniert worden, daß sie ganz unbrauchbar geworden sei. Der Müller sei außerstande, sie wieder herstellen zu lassen. Auch die auf dem Sponsheimer Berg gelegenen Weinberge seien durch das den Berg herabstrÖmende Wasser abgeschwemmt, so daß nur der nackte Fels Übriggeblieben sei. Die Besitzer könnten wegen Armut die Weinberge nicht in Ordnung bringen. Die Weinberge der tieferen Lagen aber erfrören im Winter oder im Frühjahr 46)